GrammatikSubstantiv (Maskulinum) · Genitiv Singular: Voyeurismus · Nominativ Plural 1: selten Voyeurismen
Aussprache [vo̯ajøˈʀɪsmʊs]
WorttrennungVo-yeu-ris-mus
Wortzerlegung Voyeur -ismus
Bedeutungsübersicht
- 1. Form der Sexualität, sexuelle Erregung durch das (unbemerkte, heimliche) Betrachten nackter, entblößter Personen oder das Beobachten, Belauschen sexueller Akte zu empfinden
- ● [spezieller] Sexualstörung, bei der die betroffene Person durch das (heimliche) Betrachten nackter, entblößter Personen oder das Beobachten, Belauschen sexueller Akte andere sozial beeinträchtigt oder bei Verzicht auf solches Verhalten einen Leidensdruck empfindet
- 2. [häufig abwertend] meist die Privatsphäre verletzendes, als übertrieben, sensationslüstern wahrgenommenes Interesse an einer Person bzw. deren Schicksal, Unglück, an einem Geschehen o. Ä.
ZDL-Vollartikel
Bedeutungen
1.
Form der Sexualität, sexuelle Erregung durch das (unbemerkte, heimliche) Betrachten nackter, entblößter Personen oder das Beobachten, Belauschen sexueller Akte zu empfinden
Beispiele:
Aus Erzählungen seiner nahesten Freunde ist bekannt, daß er sich körperlich eher zölibatär verhielt, seine Obsessionen bei den wildesten Partys im blanken Voyeurismus bestanden. [Berliner Zeitung, 22.02.1997]
Unsere Choreografin […] arbeitet viel mit Sexualität und Voyeurismus und stellt verunsichernde Fragen zu den Formen von Intimität. [Der Tagesspiegel, 14.07.2022]
Demonstrativ entledigen sich die Kerle im Schottenrock ihrer Slips, spielen augenzwinkernd über den Boden hechtend mit dem Voyeurismus des Publiku*ms. [Hamburger Abendblatt, 28.03.2012]
Während des ganzen Films verharrt die Kamera in diskreter Distanz zu den Figuren. […] Selbst in den krude erotischen Szenen, die viele andere Regisseure fast zwangsläufig zu hektischem Voyeurismus verführt hätten, bewahrt er [der Regisseur] ein natürliches Gefühl von Würde. [Die Zeit, 10.11.1972]
metonymischOriginell umschifft […] [die] Kamera [in einem Dokumentarfilm über Prostitution] Voyeurismen, so erfährt man zwar, wie eine »Natursekt«‑Applikation klingt, aber nicht, wie sie aussieht. Intime Kahlgebiete gibt es dagegen oft zu sehen […]. [Berliner Morgenpost, 28.08.2008]
●
spezieller Sexualstörung, bei der die betroffene Person durch das (heimliche) Betrachten nackter, entblößter Personen oder das Beobachten, Belauschen sexueller Akte andere sozial beeinträchtigt oder bei Verzicht auf solches Verhalten einen Leidensdruck empfindet
Beispiele:
Voyeurismus ist […] eine Persönlichkeitsstörung in Form einer Störung der Sexualpräferenz […], die wie folgt beschrieben wird: Wiederkehrender oder anhaltender Drang, anderen Menschen bei sexuellen Aktivitäten oder intimen Tätigkeiten, z. B. Entkleiden, zuzusehen ohne Wissen der beobachteten Person. Zumeist führt dies beim Beobachtenden zu sexueller Erregung und Masturbation. [Voyeurismus – die Lust an der Beobachtung, 15.01.2011, aufgerufen am 13.06.2023]
Nicht jedes zwanghafte Verhalten gehört auch zum Erscheinungsbild einer Zwangsstörung. Zu diesen Zwängen, die einer Zwangsstörung im engeren Sinne nicht notwendigerweise zugerechnet werden, gehören etwa Geständniszwang, zwanghaftes Stalking, das Beschatten‑Müssen einer anderen Person, Formen von Exhibitionismus oder Voyeurismus, der Zwang, etwas ansehen (anstarren) zu müssen bzw. etwas nicht ansehen zu können, etwa wenn der Blick in die Augen eines Gesprächspartners unfreiwillig vermieden wird. [Zwangsstörung und Ängste, 20.08.2016, aufgerufen am 14.06.2023]
»[…] überall, wo es ein Machtgefälle gibt, gibt es auch einen Boden für sexuelle Gewalt«, erklärt Ute S[…]. Sexuelle [als übergriffig zu bewertende] Handlungen können sowohl verbale Belästigungen, Voyeurismus, flüchtige Berührungen und die tatsächliche Penetration sein sowie auch sexuelle Handlungen, die vor dem Kind durchgeführt werden, als auch die Aufforderung an ein Kind, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen. [Fränkischer Tag, 04.05.2023]
Trans*‑Schülern [sic!] werde oft zu Unrecht Voyeurismus unterstellt, wenn sie plötzlich ein anderes WC als das gewohnte benutzen wollten. [Reutlinger General-Anzeiger, 24.06.2022]
Die Stiefmutter vermittelte ihm, wie der Eppendorfer Sexualwissenschaftler Eberhard Schorsch gutachtete, das »Schlüsselerlebnis« für den späteren Voyeurismus: Sie ertappte den Sechsjährigen beim Masturbieren, ließ es sich vorführen und bestrafte den Jungen dann regelmäßig dafür. [Der Spiegel, 14.05.1973]
2.
häufig abwertend meist die Privatsphäre verletzendes, als übertrieben, sensationslüstern wahrgenommenes Interesse an einer Person bzw. deren Schicksal, Unglück, an einem Geschehen o. Ä.
Beispiele:
[Die Filmemacher] M[…] und F[…] führen mit ihren Protagonisten Gespräche am Stammtisch, essen und angeln mit ihnen oder lauschen ihren melancholischen Liedern. Über mehrere Jahre hinweg haben sie ihre Protagonisten begleitet. Ohne Voyeurismus, sondern mit einfühlsamer Neugier nähern sie sich ihnen an. [St. Galler Tagblatt, 29.08.2023]
All das [das Zerstückeln und Verschwindenlassen der Opfer des Massenmörders Fritz Haarmann] schildert [der Krimi-Stadttour-Guide] S[…] eher nüchtern. Den Voyeurismus, den er im Zusammenhang mit Krimi‑Stadttouren beobachtet, wolle er nicht bedienen[…]. »Da bin ich zu sehr wissenschaftlich, das ist mehr so mein Naturell«. [Badische Zeitung, 07.10.2023]
Dating‑Shows bedienen den Voyeurismus, je mehr die Teilnehmer sich entblössen oder intrigieren, desto unterhaltsamer. [Neue Zürcher Zeitung, 18.09.2023]
Aus Langeweile beobachtet er seine Nachbarn und deckt dabei zufällig einen Mord auf. […] An »Rear Window«, wie der Film [»Das Fenster zum Hof« von Alfred Hitchco*ck] im Original heißt, faszinierte mich vor allem Jeffs Voyeurismus. Als Zuschauer wünschte man sich, dass James Stewarts Rolle mit seinen Vermutungen recht behielt. Damit enttarnte man sich selbst als Voyeur. [Mittelbayerische, 09.09.2020]
metonymischAls der Briefwechsel zweier eminenter poetischer Stimmen des 20. Jahrhunderts [Ingeborg Bachmann und Paul Celan] im Vorjahr in Buchform erschien, lag der Öffentlichkeit das Zeugnis einer verzweifelnden Liebe vor, welches wenig Anlass bot für Voyeurismen. Die Briefe, Karten und Widmungen, die dem 1948 in Wien geknüpften Liebesband zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan während knapp zweier Jahrzehnte folgten, sind dramatische Dokumente des Einander‑Verfehlens. [audio aktuell, 05.06.2009, aufgerufen am 19.07.2023]
letzte Änderung:
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Etymologie
Etymologisches Wörterbuch (Wolfgang Pfeifer)
Voyeur · Voyeurist · Voyeurismus
Voyeur m. ‘wer bei heimlicher Beobachtung sexueller Handlungen anderer Lust empfindet, Spanner’, auch ‘aufdringlicher Zuschauer, Gaffer’, Übernahme von frz. voyeur, eigentlich ‘Zuschauer’, zu frz. voir ‘sehen’, aus lat. vidēre. In der Wissenschaftssprache auch Voyeurist m. gebildet zu Voyeurismus m.
Bedeutungsverwandte Ausdrücke
Spannen · Spannerei · Voyeurismus
| Oberbegriffe |
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DWDS-Wortprofil
Typische Verbindungen zu ›Voyeurismus‹ (berechnet)
DWDS-Wortprofil
Detailliertere Informationen bietet das DWDS-Wortprofil zu ›Voyeurismus‹.
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